…und diese reagieren dann trotzig wie kleine Kinder und wollen erst recht dabei sein.
Beim Motto „Ja, ich will!“ des diesjährigen ColognePride (CSD Köln) am Anfang diesen Monats ging es um eine Gleichstellung von Lesben und Schwulen im Eherecht. Parallel zu den Vorbereitungen des Events wurde eine Aktion ins Leben gerufen in der alle Bundestagsabgeordneten angeschrieben wurde, da eine namentliche Abstimmung über die vollkommen rechtliche Gleichstellung im Bundestag bevorstand, worin die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in einem persönlichen Schreiben um ein klares „Ja“ oder „Nein“ zu einer solchen Gleichstellungsinitiative gebeten wurden und wie sie darüber abstimmen werden.
Ende Juni schlug dann die Stunde der Wahrheit bei dem von der SPD und den Grünen eingebrachten Antrag und Gesetzesentwurf als darüber namentlich abgestimmt wurde. Um es kurz zu machen, das Ergebnis ist bekannt genauso wie auch die Listen veröffentlicht wurden welcher Abgeordnete wie abgestimmt hat und obwohl sich im Rahmen der o. g. Initiative eine Mehrheit dafür abgezeichnet hatte wurde im Endergebnis mehrheitlich dagegen gestimmt.
Durch Koalitions- und Fraktionszwänge bedingt entschieden sich nicht nur die Abgeordneten der CSD/CSU mehrheitlich dagegen sondern ebenso mit überwältigender Mehrheit der Koalitionspartner FDP. Ein Teil der Linken wiederum enthielten sich oder waren gar nicht anwesend und es wurde damit begründet, dass man die Ehe in der jetzigen Form abschaffen wolle was etwas fadenscheinig wirkt meiner Meinung nach, da eine Durchsetzung dieser Forderung auch für die Zukunft politisch vollkommen illusorisch ist, unabhängig davon wie man jetzt persönlich dazu steht.
Da das Ergebnis im Vorfeld des ColognePride bekannt war und gemeinhin oftmals bei den grossen CSD Veranstaltungen fast alle Parteien an der Parade mit einem eigenem Wagen teilnehmen wollte man das auch Anfang Juli in Köln, mit Ausnahme der CDU. Die FDP wollte ich sich allerdings partout nicht nehmen lassen obwohl man mit überwältigender Mehrheit dagegen gestimmt hat bei der o. g. Abstimmung auf der Parade vertreten zu sein. Das sorgte dann doch bei etlichen Lesben und Schwulen für Verstimmung und es formierte sich zwischenzeitlich via einer kurzfristig ins Leben gerufenen Facebook Page der Protest um den Unmut darüber auszudrücken. Im Endeffekt hat dann die FDP dann doch an der Parade teilgenommen aber jetzt geht bei den anderen größeren CSD Events das Spiel sozusagen wieder von vorne los. Denn durch das Verhalten der Partei bedingt war man(n)/frau auch beim CSD in München am vergangenen Wochenende charmant formuliert „not amused“ über die Teilnahme der FDP an der Parade genauso wie über die Tatsache das erstmalig nach 32 Jahren ein Stadtrat der CSU bei der dortigen CSD-Auftaktveranstaltung sprach. Beim Berliner CSD der vor dem ColognePride stattfand hatte sich ebenfalls schon Widerstand gegen die Teilnahme der FDP formiert.
In nur einem halben Monat sprich Anfang August steht wieder ein großer CSD und zwar in Hamburg bevor. Hier bahnt sich wie schon in den anderen Großstädten dieselbe Diskussion an und es geht abermals um die Teilnahme der FDP sowie CDU bzw. LSU. Allerdings diesmal wurden von Seiten der offiziellenVeranstalter die beiden Parteien „ausgeladen“ bzw. in einem offenen Brief wurde ihnen ans Herz gelegt ihre Teilnahme zu überdenken. Das Motto des diesjährigen Hamburg Pride „Ehe 2.0 – Nach den Pflichten jetzt die Rechte!“ steht konträr zum Abstimmungsverhalten der beiden Parteien und will nicht recht zusammenpassen. Die FDP gab sich überrascht, damit dürften sie allerdings recht alleine auf weiter Flur stehen im Gegensatz zur Mehrheit der Lesben und Schwulen, die LSU (Lesben und Schwule in der Union) hingegen reagierte eher trotzig wie man es sonst von kleinen Kindern gewöhnt ist frei nach dem Motto: Jetzt erst recht.
Die Teilnahme von CSD/CSU/LSU und FDP an den Paraden der CSDs bzw. die berechtigten Aufreger und Empörungen darüber von Seiten der Lesben und Schwulen entwickelt immer mehr eine Eigendynamik. Obwohl ich noch vor einigen Tagen die Diskussionen nicht nur in Deutschland sondern auch in anderen Ländern thematisierte ob die CSD Veranstaltungen inzwischen nur noch aus Party und „Faschingsumzug“ bestehen und weniger aus Demonstration und politschen Forderungen, erfährt der politsche Aspekt der CSDs ungeahnten Aufschwung und rückt verstärkt in den Fokus. Das ist an der ganzen Diskussion um die Teilnahme der eben genannten Parteien sicherlich das Gute, die Teilnahme (oder der Wunsch danach) als solches und die Reaktionen der Parteien darauf das sie nicht Willkommen sind eher ein Trauerspiel meiner Meinung nach. Wenn man manche Statements der Parteien dazu liest und die Sache an sich nicht so traurig und beschämend wäre, könnte man glatt darüber Lachen, so bleibt einem dieses allerdings im Halse stecken. In gewisser Weise machen sich auch einige Politiker mit ihren Aussagen und Reaktionen nicht nur extrem unglaubwürdig, was jetzt in der Politik nicht unbedingt ein Novum wäre, sondern schlicht und ergreifend lächerlich, meine Meinung. Es sieht in einigen Fällen nach Wahlkampfkalkül aus mit Blick auf 2013 und damit auch nach einem „me too“, Schwule und Lesben sind schließlich auch Wähler, haben Freunde, Familie und Unterstützer, nach dem Motto: Die anderen Parteien sind dabei, da können und wollen wir nicht zurückstecken ungeachtet des Abstimmungsverhaltens und dem Ist-Zustand von Lesben und Schwulen was die vollkommen rechtliche Gleichstellung betrifft. Vielleicht handeln auch einige nach dem sportlichen Motto, Olympia 2012 in London läßt Grüßen, „Dabei sein ist alles.“ Wobei Letzteres es eben nicht ist, denn von Lippenbekenntnissen tritt keine Veränderung der Situation ein.
In dem Sinne, man wird eher an Taten als an Worten gemessen.
P.S.: Wo wir gerade bei den Parteien sind und erst kürzlich die Homestory in der Bild über den Umweltminister Peter Altmaier von der CDU erschien und anschließend ein Bericht dazu in der taz, was wiederum zu einer hitzigen Diskussion (mit inzwischen über 250 Kommentaren) an anderer Stelle führte zum Thema ob die sexuelle Orientierung eines Politikers Privatsache sei oder eben auch nicht.
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